20 Prozent weniger Materialbedarf in der Werkstoffprüfung: Das ist eines der Ziele des EU-geförderten Forschungsprojekts metaFacturing. Dafür soll ein Framework erarbeitet werden, das den Einsatz digitaler Zwillinge in der Massen-Metallfertigung ermöglicht. Damit könnten teure, zerstörende Prüfungen überflüssig werden. Das Wiesbadener Unternehmen VITRONIC arbeitet als einer von sechs Partnern in dem dreijährigen Projekt mit.
Die zerstörende Werkstoffprüfung ist ein notwendiges Übel in der Metallfertigung. Dabei werden etwa geschweißte Bauteile zersägt und untersucht, um die Qualität im Innern untersuchen zu können. Dieses Verfahren ist in zweierlei Hinsicht nicht optimal: Erstens ist es teuer. Die Prüfung dauert lange, sie bindet Personal und Maschinen. Das geprüfte Bauteil ist Ausschuss. Der unnötige Materialverbrauch ist schlecht für die Kosten und für die Nachhaltigkeit.
Zweitens generiert die zerstörende Werkstoffprüfung relativ wenige Daten. Wegen des hohen Aufwands wird nur in Stichproben geprüft. Es vergehen Monate, bis ausreichend viele Prüfungen durchgeführt sind, um Muster erkennen zu können. Zudem werden die Werkstücke nur an den Schnittstellen untersucht. Wie es an anderen Stellen aussieht, bleibt unbekannt.
Aus diesen Gründen sucht die Metallindustrie nach Wegen, um zerstörende Werkstoffprüfung zu reduzieren oder sogar komplett überflüssig zu machen. Dadurch könnten der Ressourcenbedarf sowie die Fertigungskosten deutlich gesenkt werden. Das Ergebnis wären nachhaltigere, robustere und wettbewerbsfähigere Produktionsprozesse.
Diese Herausforderung soll mithilfe der Digitalisierung und der Nutzung von Daten gemeistert werden; so der Gedanke hinter dem EU-geförderten Forschungsprojekt metaFacturing. VITRONIC ist einer der Projektpartner, unter der Leitung von Dr. Peter Daniel. Das Wiesbadener Unternehmen bringt seine Expertise im Bereich der automatisierten visuellen Qualitätsinspektion ein.
Konkret lautet die Vision, die gesamte Prozesskette basierend auf digitalen Zwillingen („Digital Twins“) abbilden zu können. Dafür wird, vereinfacht ausgedrückt, eine digitale Kopie einer physischen Produktionslinie erstellt und mit den echten Prozessparametern und Messdaten gefüttert. Die in der Simulation „produzierten“ Werkstücke entsprechen ihren physischen Pendants zu hundert Prozent – wie eineiige Zwillinge.
Um die Qualität eines physischen Werkstücks zu untersuchen, reicht es also aus, die Daten seines digitalen Zwillings auszuwerten. Produktionsmängel lassen sich darin bereits erkennen. Es ist nicht mehr nötig, ein Werkstück zur Prüfung zu zerstören. Hersteller sparen massiv Kosten und Material. Ein weiterer Vorteil: Statt seltener Stichproben wird jedes einzelne Werkstück digital geprüft und ausgewertet. Schon nach Stunden sind mehr Daten vorhanden als sonst vielleicht in einem Jahr. Fehler können viel früher erkannt und Prozesse optimiert werden.
Heute ist das noch Theorie: Aufgrund der riesigen Anzahl an Parametern und Einflussfaktoren ist die Entwicklung von digitalen Zwillingen für die Metallfertigung extrem komplex. Im Forschungsprojekt soll auf Basis verschiedener Technologen ein Framework erarbeitet werden. Dieses soll Herstellern wiederum ermöglichen, wirtschaftliche Lösungen für ihre Massenfertigung zu entwickeln.
Sechs Marktführer aus fünf europäischen Ländern arbeiten im Rahmen von metaFacturing zusammen. (Der komplette Projektname lautet: „Data and Metadata for Advanced Digitalization of Manufacturing Industrial Lines.“) Das Forschungsprojekt wird von der EU mitfinanziert und wird drei Jahre lang dauern. Start war im Februar 2023. Die Ziele: 20 Prozent weniger Materialbedarf in der Werkstoffprüfung sowie eine über 20 Prozent höhere Recyclingquote bei den Materialien.
Zum Ende des Projekts soll das Digital-Twin-Framework bereits produktiv im Einsatz sein: in mindestens zwei großen Produktionswerken in der EU sowie bei mindestens fünf Zulieferern und Dienstleistern aus dem KMU-Sektor. metaFacturing soll einen Beitrag leisten, um die Marktführerschaft der EU-Industrie im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu stärken. Zusätzlich sollen die allgemeinen Ziele der EU für Nachhaltigkeit und Klimaschutz unterstützt werden.
Weitere Informationen sowie Neuigkeiten zum Projektfortschritt finden Sie auf der offiziellen Website https://metafacturing.eu.
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