Seit 35 Jahren ist VITRONIC einer der Innovationstreiber im Bereich der Bildverarbeitung. Vor allem die moderne Lidar-Technologie wird heute mit unserem Unternehmen assoziiert. Diese revolutionierte auch die Verkehrsüberwachung grundlegend. Aber beginnen wir am Anfang…
Zu Beginn als Pionier wurde die neue Technologie „Bildverarbeitung“ zuerst im industriellen Umfeld eingesetzt, bevor sie in der Verkehrstechnik zur Anwendung kam. So bestand beispielsweise eine der ersten Projektaufgaben darin, den Robotern eines Holztreppenbauers, per Bildverarbeitung „maschinelles Sehen“ zu verschaffen. Mit der neuen Technik-, konnten in der Fertigungslinien nun die einzelnen Teile (die Treppenstufen) exakt erkannt, präzise gehandhabt und bearbeitet werden. Zur Produktionssteuerung wurden außerdem die, auf den Holzoberflächen, per Laser aufgebrachten Beschriftungen in Klarschrift automatisch gelesen. Darüber hinaus startete in dieser Pionierphase bereits die Entwicklung von fahrerlosen Fahrzeugen in Werkshallen. Diese konnten gut für den Materialtransport in für Menschen unzugänglichen Bereichen (z. Bsp. Kernkraftwerk) eingesetzt werden.
Bei diesen Projekten standen generell Bildaufnahmen und ihre automatischen Auswertungen im Mittelpunkt, also das Extrahieren von Informationen aus den Bildern, von denen dann Entscheidungen und weitere Aktionen abgeleitet werden konnten. Damit konnten Robotergreifer gesteuert, Qualitätsaufgaben automatisiert entschieden oder Fertigungsschritte aus gelesener Beschriftung bestimmt werden. Diese objektiven Datenauswertungen sollten dazu dienen, die Aufgaben und Arbeitsprozesse von Kunden zu erleichtern.
All diesen Entwicklungen bildeten die ersten Schritte in Richtung Evolution der Verkehrstechnik: aus dem maschinellen Klarschriftlesen heraus entstand die Innovation des Kennzeichenlesens.
Bei VITRONIC begann das Zeitalter der Verkehrsüberwachung mit der Entwicklung und Vermarktung von Nassfilmscannern. Als branchenfremdes Außenseiter-Unternehmen trafen wir auf einen Markt, der von wenigen eingefahrenen Playern dominiert wurde und in dem es auch nur überschaubare Innovationen gab. In diesem Markt haben wir die Klarschriftlesung eingeführt, um Kennzeichen von Fahrzeugen auf Bildmaterial automatisch mit einem Filmscanner zu lesen. Fun Fact am Rande: hierher stammt der Name POLISCAN. Dieser entstand aus dem Anwenderfeld der Polizei und dem Scannen von Bildern. 1995 wurde PoliScan-Classic zur Digitalisierung von Nassfilmen eingeführt. Hierzu spannte man noch Negativ-Filmrollen in Scanner ein. Die Bilder liefen von einer präzisen Mechanik geführt an einer Zeilenkamera vorbei, um das Kennzeichen und andere Daten aus dem Film auszulesen.
2003 war ein echter Meilenstein in der Geschichte von VITRONIC: Systeme zur Fahrzeugdetektion per Lidar, zur automatischen Kennzeichenlesung und Klassifikation setzten wir diesem Jahr erstmals für die Mautkontrolle erfolgreich ein. In diesem Zusammenhang gewannen wir das erste Großprojekt im Rahmen der Verkehrstechnik. Wir statteten die Mautkontrollbrücken auf den Autobahnen für eins der ersten internationalen Lkw-Mautsysteme sukzessive in zwei Großprojekten aus. Zusätzlich bekamen wir zu den beiden Lieferaufträgen einen Servicevertrag. Bereits der erste Auftrag war ein Riesenprojekt für VITRONIC und er war der bis dato größte in der Bildverarbeitung überhaupt. In der Folge musste Personal aufgebaut werden, um das stark erhöhte Arbeitsaufkommen auch bewältigen zu können.
Die Firma wuchs: Büros in weiteren Ländern wurden eröffnet, viele, innovativ denkende Köpfe kamen dazu. Die Mitarbeiter wurden vor allem in den Bereichen Entwicklung, Projektabwicklung, Produktion und Service eingestellt. Mit dieser neuen Motivation und Unterstützung gelang dann die Umsetzung der Großprojekte hervorragend. Wir konnten das Momentum weiterhin nutzen, denn es folgten Mautprojekte in Australien im Jahr 2009 sowie 2012 in Frankreich mit mehr als 170 Kontrollbrücken. Zeitgleich entwickelten sich auch die anderen Geschäftsbereiche des Unternehmens technisch und wirtschaftlich sehr gut.
Dies lag vor allem daran, dass die Kreativität und das Engagement der Mitarbeiter schier grenzenlos war.
Unsere zentrale Technologie zur Detektion der Fahrzeuge auch in diesen Projekten ist Lidar (Light Detection and Ranging). Wir haben schnell erkannt, dass man mit dieser Technologie auch Geschwindigkeit messen kann. Deshalb haben wir Lidar- und Kameratechnik miteinander verbunden und der POLISCAN M1 war geboren.
Mit der Lidar-Technologie brachten wir eine neue vorteilhafte Messtechnik ins Feld, die den Markt für Verkehrsüberwachung gründlich aufgerüttelt hat. In Verbindung mit der digitalen Beweismittelaufnahme ermöglichte sie eine deutlich verbesserte Geschwindigkeitsmessung und war ein Meilenstein bei der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Erstmals kamen stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen ohne in den Fahrbahnbelag eingebaute Sensoren aus.
2006 wird das System POLISCAN Speed für den mobilen und stationären Einsatz von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen. Die Marktwahrnehmung für diese Lösung war groß und sie brauchte die Entwicklung des Unternehmens wiederum auf ein neues Level. Auch wegen der Kombinationsmöglichkeit von stationärem und mobilem Einsatz war und ist POLISCAN ein attraktives Angebot für jeden Kunden. Projekte der Geschwindigkeitsüberwachung in den USA, in unserem Heimatmarkt und vor allem auf der arabischen Halbinsel belegen den Erfolg. 2009 wird unsere Tochtergesellschaft VITRONIC Machine Vision Middle East LLC in Dubai gegründet, da viele arabische Staaten die dramatisch hohe Anzahl von Verkehrstoten deutlich senken wollten.
Der Verkehr hat in den vergangenen Jahren weltweit stark zugenommen. Trotz öffentlicher Debatten um Klimaschutz und Verkehrswende stieg allein von 2010 bis 2019 die Pkw-Dichte in Deutschland um 12 Prozent von durchschnittlich 509 auf 569 Pkw pro 1.000 Einwohner. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis von Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sowie eigener Berechnung. Teilweise ist die Grenze des Machbaren erreicht. Ressourcen werden zusehends knapper und auch die Luftverschmutzung wird vor allem in den sich mehr und mehr verdichtenden Ballungsräumen zu einem immer dringlicheren Problem. Themen wie der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, E-Mobilität und auch autonomes Fahren werden bei den Entscheidern künftig Priorität genießen. Das Schlagwort lautet Smart City. Es ist überlebensnotwendig, ressourcenschonend zu agieren. In diesem Kontext gibt es ein zentrales Ziel: Mobilität muss nachhaltig und der städtische Raum lebenswerter werden. Herausforderungen und Konzepte rund um das Thema Smart City benötigen Sensoren, die Daten generieren, um daraus sinnvolle Handlungen abzuleiten. Diese können sich im Fahrzeug oder auch in der Umgebung befinden.
Geräte der POLISCAN-Familie können nicht nur Geschwindigkeit messen, Fahrzeugklassen detektieren, Rotlichtverstöße erfassen und die korrekte Nutzung von Fahrspuren überwachen. Mit ihrer Hilfe werden auch zusätzliche Informationen über den Verkehrsfluss erhoben. Die Systeme liefern Daten zum Verkehrsvolumen auf den überwachten Strecken. Hierzu gehört unter anderem die Anzahl der Fahrzeuge, die Fahrzeugklasse, deren Durchschnittsgeschwindigkeit sowie die genutzte Fahrspur und Fahrtrichtung. Außerdem lassen sich Anlagen zur Verkehrsbeeinflussung von einer Zentrale aus steuern, sodass Verkehrsmanager die Geschwindigkeitslimits bei Bedarf herunterregeln oder einzelne Strecken oder Spuren für bestimmte Fahrzeugklassen sperren können.
Derzeit gibt es Pilotprojekte in Darmstadt und Hamburg, bei denen wir uns mit unserer Smart City Kompetenz engagieren. In Hamburg geht es um die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Optimierung der Steuerung von Lichtsignalanlagen und Erkennung schwächerer Verkehrsteilnehmer. Hier nutzen wir Sensoren, um sogenannte VRU – Vulnerable Road Users – wie Radfahrer oder Fußgänger zu erfassen und deren Position an autonome Fahrzeuge weitergeben zu können.
Das Forschungsprojekt in Darmstadt wiederum untersucht, ob bereits existierende Infrastrukturelemente durch die Einbindung von zusätzlichen Sensoren und Schnittstellen dazu beitragen können, die Wechselwirkungen zwischen Verkehr und Umwelteinwirkungen zu verstehen. Wir unterstützen das Projekt schon seit längerer Zeit. Bislang wurden die im Darmstädter Stadtgebiet bereits vorhandenen stationären Messgeräte, sowie mobile Messgeräte genutzt, um zusätzliche Luftschadstoffe wie Stickstoffoxide zu erfassen.
Auf diese Weise wird aus dem Lidar-Pionier ein Unternehmen, das einen wichtigen Baustein zu innovativen Smart-City-Konzepten liefert. 10.000 verkaufte POLISCAN-Systeme in zehn Jahren zeigen eindrücklich, dass VITRONIC zukunftsfähige Lösungen bietet, die die aktuellen Herausforderungen der Nutzer immer optimal adressieren.